Text: Ute Korinth

MIT KAKAO UND SPITZENHÄUBCHEN

DIE FEINE KUNST DER PRALINENHERSTELLUNG

„Es gibt einen Teil der Schokolade, der einfach macht, was er will“, sagt Manfred Glatzel. Deshalb tüftelt er oft tagelang an einer neuen Pralinensorte, bis sie genau so ist, wie sie sein soll.

Gebannt lauschen die Schokoladenfans den Worten des Chocolatiers. Denn schließlich sind sie heute zu „Pott au Chocolat“ gekommen, um zu lernen, wie sie gute Pralinen selbst zaubern können.

Und natürlich auch, um viel über Schokolade zu lernen und diese zu probieren. „Ihr dürft so viel Schokolade essen, wie reinpasst“, sagt der Chef und beginnt mit der Erklärung unterschiedlichster Zuckerarten. Er skizziert, warum er eine Mischung aus Glucose und Invertzucker statt Kristallzucker verwendet, wie man diese mischt und wo man sie bekommt. Glucose, so lernen wir, macht Pralinen geschmeidig und lässt sich am besten mit nassen Händen verarbeiten.

Die Schokolade muss zum Impfen

Und was ist eigentlich diese Ganache? Auch dafür gibt es eine einfache Erklärung. „Ganache ist die Masse, die in die Pralinen kommt. Grundbestandteile sind Schokolade und Sahne“, sagt Manfred Glatzel. Natürlich wird die Ganache je nach Praline gemischt mit Fruchtpüree, Alkohol, Gewürzen und anderen feinen Zutaten. An diesem Tag machen wir unter anderem gemeinsam eine Eierlikör- und eine Pflaumen-Ganache. Damit die Masse etwas fester wird, kommt für einen Teil der Sahne Butter hinzu. Denn die enthält nur 20 Prozent Wasser. Die Sahne hingegen 70%.

Aber zuerst „impfen“ wir die Schokolade. Dazu kommen die kleinen tropfenförmigen Kakaobutter-Callets in eine Schüssel und werden in der Mikrowelle bei 800 bis 1.000 Watt 15 Sekunden geschmolzen. Dann nehmen wir die Schüssel raus, rühren um, füllen einige neue Callets hinzu und wiederholen das, bis die Schokolade fast komplett geschmolzen ist. Wir lernen, dass die richtige Temperatur, die perfekte Zeit und Bewegung die entscheidende Rolle dabei spielen, ob eine Masse gelingt oder nicht.

Der Kakao-Anteil zählt

Dann folgen die anderen Zutaten und wir dürfen probieren. Schmeckt schon ziemlich gut. Allerdings lernen wir, dass in der Praline, durch die Umhüllung mit Schokolade der Geschmack noch etwas intensiver sein sollte. Also mehr Pflaumenpürree. „Alt Pflaumensorten haben mehr Säure. Wenn ihr mal welche habt, die nicht schön säuerlich sind, könnt ihr sie wunderbar mit einem guten Balsamico verfeinern“, sagt Manfred Glatzel und verrät noch so einige andere Geheimnisse. Zum Beispiel, dass ein bisschen Salz den Geschmack von Ananas verstärkt, Erdbeeren wunderbar mit Basilikum und Birne hervorragend mit Kardamom harmoniert. Oder, dass er statt Vanille oft Tonka verwendet.

Wir machen heute Hohlkörperpralinen. Auf den Plätzen liegen Häubchen und hübsche Schürzen, die wir anziehen, bevor es losgeht. Die zu befüllenden runden Teilchen stehen schon bereit und werden von uns unter fachmännischer Anleitung mittels professionellen Spritz-Equipments mit einem Klecks Ganache versehen und kommen dann erstmal wieder in den Kühlschrank. Gar nicht so einfach, die richtige Menge zu treffen und nichts zu verkleckern.

In der Kühlzeit lernen wir etwas über Kakaobohnen, kosten uns durch verschiedenste Länder und Schokoladenprozente. Venezuela, Tanzania, Java und viele andere. „Vergesst feinherb und zartbitter. Für uns gibt es nur unterschiedlich hohe Kakaoanteile“, klärt uns Manfred Glatzel auf.

Vom Igeln und Fönen

Dann geht es weiter mit unseren Pralinen. Die werden erstmal kurz angefönt. Ja, richtig gefönt. Denn die Oberfläche der Kugeln, die aus dem Kühlschrank kommt, verbindet sich besser mit der Schokolade, die wir oben drauf füllen, wenn sie ein wenig angewärmt ist. Der Trend geht also zum Zweitfön, damit es keine Verwechslungen gibt…

Wir verschließen die Pralinen also mit Schokolade, lassen sie fest werden und umhüllen sie dann unter einem „Schokoladenbrunnen“ noch mit einer feinen Schoko-Schicht. Einige lassen wir dann so, andere igeln wir noch. Das bedeutet, dass sie über ein Gitter gerollt werden und die typische Trüffeloberfläche bekommen. Natürlich naschen wir zwischendurch und sind schon jetzt begeistert. Diverse „Mmhs“ und andere Genusslaut füllen den Raum.

Wir arbeiten an diesem Tag auch noch mit Pralinenformen, füllen diese, klopfen die Pralinen hinterher wieder heraus, schauen uns die eindrucksvollen Maschinen an, die für die Produktion von Bean to Bar in einem Nebenraum stehen, lernen, dass Pralinen mit farbiger Kakaobutter per Siebdruck verziert werden, dass Schokolade keinen Luftzug mag und vieles, vieles mehr. Es beeindruckt alle, mit welch tiefem Fachwissen und welcher Leidenschaft Manfred Glatzel die Herstellung der feinen Schokoladenprodukte angeht.

Schokolade braucht Geduld

„Ihr könnt euch, was die Rezepte angeht, Inspirationen holen, aber ich würde nie genau abschauen. Denn ich möchte nicht, dass meine Praline genauso schmeckt wie beim Nachbarn“, sagt Manfred Glatzel, dessen Lieblingsschokolade übrigens die mit einem Kakaoanteil von 100 Prozent ist.

Schokolade machen braucht Geduld, Fingerspitzengefühl und Zeit. Und genau diese vergeht an diesem Tag wie im Flug.

Wir alle bekommen ein dickes Päckchen mit unseren köstlichen verschiedenen Pralinensorten mit nach Hause und packen ein bisschen stolz und mit viel feiner Schokolade im Bauch unsere kleinen Werke ein.

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