Text: Ute Korinth

DIRECT TRADE ALS NEUES FAIRTRADE

WIE NACHHALTIGKEIT UND SCHOKOLADE VERSCHMELZEN

Spätestens seit Greta Thunbergs unermüdlichem und öffentlichkeitswirksamen Einsatz für Klimaschutz, ist auch das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde und entwickelt sich gerade zu einem kleinen Hype. Menschen reden darüber, nutzen es fast schon wie ein Buzzword. Doch bei weitem nicht alle wissen, was es damit im Detail auf sich hat. Was bedeutet Nachhaltigkeit eigentlich für Chocolatiers?

„Nachhaltig heißt für mich, dass jeder gut leben kann, dass jeder fair behandelt und bezahlt wird“, sagt Pott-au-Chocolat-Chefin Marie-Luise Langehenke. Das gilt für ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für alle anderen Beteiligten an der langen Kette der Schokoladenproduktion.

Der Kakao-Weltmarktpreis ist viel zu günstig

Das mit der fairen Bezahlung ist jedoch so eine Sache. Denn der Weltmarktpreis für eine Tonne Kakao liegt nicht weit über 2.000 Dollar. Wenn man bedenkt, dass kleine Bauern im Jahr oft nur etwa eine Tonne Kakaobohnen als Ertrag haben, lässt sich leicht ausrechnen, dass da extrem wenig übrig bleibt und ein sorgenfreies Leben kaum möglich ist. Für eine einzelne Tafel Schokolade mit hohem Kakaoanteil wird eine ganze Kakaofrucht benötigt, ein Baum wirft im Jahr jedoch nur 25-40 Früchte ab. Wegen dieses Missstandes hat die Elfenbeinküste bei der letzten Weltkakaokonferenz im Jahr 2018 in Berlin beschlossen, dass eine Tonne Kakao dort nicht mehr unter 2.600 Dollar verkauft werden darf. Ein kleiner Lichtblick, aber eigentlich nur ein Fünkchen Hoffnung auf Besserung.

Die Fair-Trade-Preise liegen in der Regel 300 Dollar über dem Weltmarktpreis. Die Zertifizierung dafür bedeutet für die Bauern aber auch jedes Jahr Kosten in nicht unerheblicher Höhe. Was könnte also eine Lösung sein? Direct Trade. Der Kakao wird direkt von den Bauern gekauft und das zu einem Preis der deutlich über dem Weltmarktpreis liegt. Der direkte Kontakt sorgt für die Transparenz der Bedingungen vor Ort und geht weit darüber hinaus. Menschen wie Jan Schubert zum Beispiel, der „Kakao-Nerd“, der für Original Beans um die Welt reist und die besten Kakaosorten entdeckt, pflegt konstruktive Kontakte zu den Kakaobauern, initiiert Schulungsprojekte, berät in nachhaltigen Anbaumethoden, dem effizienten Umgang mit Geräten und vieles, vieles mehr. Immer im Einklang mit den kulturellen Gegebenheiten der einheimischen Menschen.

Edelkakao ist nussiger, fruchtiger und voller feiner Aromen

90 Prozent der Edelkakao-Verarbeiter, zu denen auch Pott au Chocolat gehört, kaufen nur noch über Direct Trade. Eine Tonne kostet hier an die 4.000 Dollar, ist jedoch natürlich qualitativ überhaupt nicht zu vergleichen mit dem so genannten Konsumkakao. Die massentauglichen Sorten sind bitterer, kräftiger, haben weniger Aromen und werden in Monokulturen angebaut. Der Edelkakao hingegen wird in Mischkulturen angebaut, ist nussiger, fruchtiger, blumiger und einfach feiner im Geschmack. Aroma, Aussehen, Geschmack und Einzigartigkeit der Bohnen sowie die gleichbleibende, verlässlich hohe Qualität sind seine Markenzeichen. Im Sinne der Nachhaltigkeit werden hier auch keine chemischen Mittel zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt, sondern alternativ zum Beispiel Brennesseljauchen.

Für den Massenmarkt gezüchteter Hybrid-Kakao

Und wer einmal den als edelsten Kakao geltenden Criollo probiert hat, der mag eh keinen „Hybrid-Kakao“ mehr in den Mund nehmen. Hybrid-Sorten sind gekreuzte Sorten wie zum Beispiel der „CNN-51“. Die Pflanzen wurden extra für den Massenmarkt neu gezüchtet, werden in riesigen Ausmaßen angebaut, sind wenig aromatisch und sehr ertragreich. Bloß alles andere als nachhaltig. Ihn findet man in vielen Supermarkt-Schokoladen wieder.

Pott au Chocolat produziert nicht von der Bohne weg, weil es viel zu aufwändig wäre, sondern arbeitet mit Original Beans, aber auch Felchlin und anderen Edelkakao-Verarbeitern zusammen. Von diesen kommt dann die Kuvertüre, die in Dortmund zu den köstlichen Pralinen verarbeitet wird.

Was Elefanten mit Kakao zu tun haben

Doch auch das Team von Pott au Chocolat hat teils persönlichen Kontakt zu den Kakaobauern. So waren Marie-Luise Langehenke und Manfred Glatzel schon oft vor Ort, um zu schauen, unter welchen Bedingungen produziert wird und, um sich mit den Menschen zu unterhalten.

Um überhaupt überleben zu können, schließen sich viele Kleinbauern zu Kooperativen zusammen. Zwei von ihnen liegen Marie-Luise Langehenke besonders am Herzen. Das ist zum einen Norandino mit Sitz in Piura im Nordosten Perus und die Kleinbauern-Kooperative „Kokoa Kamili“ in Tansania. Der Kakao wird dort im Udzungwa Mountains Nationalpark angebaut, der bekannt für die unterschiedlichsten Tierarten ist. Hier leben auch wilde Elefanten, die die Kakaopflanzen zertrampelten. Um dies zu verhindern und die Tiere von den Feldern fernzuhalten, werden diese mit Bienenstöcken umzäunt. Elefanten haben Angst vor Bienen und zertrampeln so die Felder nicht mehr. Ein friedliches Zusammenleben im Nationalpark ist so gewährleistet. Original Beans unterstützt durch die Partnerschaft mit dem Southern Tanzania Elephant Programme die Finanzierung hunderter dieser Bienenstöcke.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Löffel aus Kakaobohnen-Schalen

Auch das ist Nachhaltigkeit. Alles in allem geht es um einen für alle lebenswerten Planeten, im sozialen, gesellschaftlichen und ökologischen Sinne. Keine Kinderarbeit, dafür Bauern, die ihre Kinder zur Schule schicken können, aber auch Menschen in Deutschland, die für ihre Arbeit mit Schokolade fair bezahlt werden. Es geht um fair gehandelte Produkte, aber auch solche, die die Umwelt nicht belasten. Pott au Chocolat verarbeitet zum Beispiel ausschließlich fair gehandelte Kuvertüre, nutzt Vanille von einer Kooperative in Madagaskar, Kampot Pfeffer von Bauern aus Kambodscha, aber auch kompostierbare Trink- und Eisbecher. Gerade neu bestellt sind Löffel aus Kakaobohnen-Schalen.

„Zudem produzieren wir so wenig Abfall wie möglich und arbeiten ressourcenschonend. Wir versuchen unseren Teil in Sachen Nachhaltigkeit zu leisten und verbessern uns immer wieder“, sagt Marie-Luise Langehenke. Und eines ist auch klar. Wenn jeder von uns ein kleines bisschen mehr in Sachen Nachhaltigkeit tut, bewirkt das schon sehr viel!